So setzen die Zeugen Jehovas Aussteiger unter Druck

NÜRNBERG – Wenn sie an Bahnhöfen stehen, an Haustüren klingeln oder für Vorträge werben, wirken sie harmlos. Doch ehemalige Mitglieder der Zeugen Jehovas, der Rosenkreuzer und ähnlicher Gruppen berichten von viel Druck und „sektenähnlichen Strukturen“. Um anderen beim Ausstieg zu helfen, haben sie einen Verein gegründet. Klaus T. (Name geändert) ist einer von denen, die es geschafft haben, sich von der Gruppe zu lösen. Jahrelang hatte der heute 39-Jährige die Regeln der Zeugen Jehovas befolgt, hatte nach einer erfolgreichen Ausbildung auf ein Studium verzichtet und statt dessen an Haustüren geklingelt oder am Nürnberger Hauptbahnhof die einschlägigen Broschüren hoch gehalten.

Durch sein Engagement stieg er sogar bis zum „Ältesten“ auf und war damit eine Art „geistiger Führer“ bei den Zeugen Jehovas. Jahrelang habe er auf den angekündigten Weltuntergang oder genauer gesagt auf die Entscheidungsschlacht Harmagedon  gewartet, sagt T.. Doch irgendwann kamen ihm Zweifel, die schließlich zu seinem Ausstieg führten. Jetzt will er anderen helfen, die sich lösen wollen.

Denn die Trennung ist für die Betroffenen oft nicht leicht. „Die meisten fallen in ein Loch, weil ihre komplette Weltanschauung zusammen fällt“, sagt der Heilpraktiker für Psychotherapie, Michael Göhring. Das gelte nicht nur für die Zeugen Jehovas, sondern auch für andere vergleichbare Gruppen.

Vorsicht ist geboten

Genaue Zahlen gibt es zwar nicht, doch geht der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen davon aus, dass in Deutschland rund 300 religiöse Sondergemeinschaften und Psychokulte mit 1,5 bis 2,5 Millionen Mitgliedern aktiv sind. Nicht alle sind problematisch, deshalb sollen Checklisten bei der Einschätzung helfen.

Die Zeugen Jehovas sieht allerdings auch die evangelische Kirche in Bayern kritisch. „Sie sind Propheten der Angst“, sagt der Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen, Matthias Pöhlmann.

Die starke Abschottung von der Außenwelt sei vor allem dann problematisch, wenn jemand die Gemeinschaft verlassen will. „Zu Abtrünnigen sollten die Mitglieder nämlich keine Kontakte haben.“ Deshalb stünden Aussteiger häufig vor dem Nichts. Klaus T. hat deshalb gemeinsam mit anderen Betroffenen den Verein „Seelnothilfe“ gegründet. Auch eine Selbsthilfegruppe trifft sich einmal im Monat in den Räumen der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen KiSS (Am Plärrer 15). Das nächste Treffen ist für den 15. Mai um 14 Uhr geplant.

Quelle: Nordbayern

Jehovas Zeugen – Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR)

„Sie sind kein Teil der Welt, so wie ich kein Teil der Welt bin“ (Johannes 17:15, 16). Entgegengesetzt der Lehre Christus haben Jehovas Zeugen durch Rechtsstreit vor Gerichten den weltlichen Titel „Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR)“ jahrelang erkämpft. Seit Dezember sind die Zeugen Jehovas jetzt auch in Bremen als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ anerkannt. Damit sind sie rechtlich den Kirchen gleichgestellt. Lange hat sich Bremen dagegen gewehrt. Über die Bedeutung der Anerkennung der umstrittenen Religionsgemeinschaft sprechen wir im Studio mit der Religionswissenschaftlerin Gritt Klinkhammer.

25 Jahre war Hildegard Laimer Mitglied der Zeugen Jehovas – bis zu ihrem Rauswurf im vergangenen Jahr. Die 52-Jährige aus Lana über Gehirnwäsche, Manipulation und ihren Kampf um Aufklärung

Hildegard Laimer steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben: „Ich habe im wahrsten Sinne des Wortes meinen Glauben verloren.“ 25 Jahre lang war die zweifache Mutter aus Lana Mitglied der Zeugen Jehovas.

„Ich war immer schon sehr neugierig, ich wollte Antworten auf meine vielen Fragen. Mich haben Religionen interessiert, daher habe ich mich auch viel damit beschäftigt“, erzählt die 52-Jährige. Bei den Zeugen Jehovas fand sie Antworten: „Sie nehmen die Bibel als Vorlage und geben mit ihr auf jede Frage eine Erklärung.“ Heute sagt sie: „Alle Antworten sind so zurechtgelegt, dass sie in ihr Konzept passen. Die Wachturmgesellschaft missbraucht die Bibel, um Menschen zu manipulieren und auszunutzen.“

Das sah Laimer am Anfang nicht: 1989 schloss sie sich der Religion an, sie war von der Bibel „begeistert.“ Jahrelang hat sie das Buch der Bücher tagtäglich studiert und viel Zeit für die Religionsgemeinschaft investiert. Sie ging von Haus zu Haus, um Mitglieder anzuwerben und Broschüren zu verteilen. „Wie viel ich an Spendengeldern abgegeben habe, kann ich nicht mehr sagen. Tatsache ist, dass sich die Wachturmgesellschaft mit den Spendengeldern ihrer Mitglieder bereichert hat“, sagt die Frau.

Vor einem Jahr habe sich dann die wahre Liebe unter den Zeugen Jehovas gezeigt: „Mein Mann geriet unter betrieblichen Stress, musste deswegen auch nach einem Unfall für längere Zeit ins Krankenhaus.“, sagt Laimer, „In dieser Zeit hat man uns fallengelassen. Wir waren nicht mehr nützlich, weil wir nicht mehr spenden und für sie arbeiten konnten.“ Das Ehepaar Laimer wurde vor drei intern ernannte Richter zitiert – und schlussendlich von der Gemeinschaft ausgeschlossen.

Wenn sie jetzt an die vergangenen Jahrzehnte zurückdenkt, kann sie sich ihre Begeisterung nicht mehr erklären. Im Gegenteil: „Erwachet!“ nennt sich eine Zeitschriften der Religionsgemeinschaft. „Erwacht bin nun auch ich“, sagt sie. Ihr jetziges Resümee ist bitter: „Die Religionsgemeinschaft benutzt die Mitglieder, lässt sie für sich arbeiten und ist ein gut aufgebautes Machtsystem, das Frauen unterdrückt und nur darauf ausgerichtet ist, immer mehr Anhänger zu überzeugen, Geld zu liefern. Es wird Gehirnwäsche betrieben und Angst geschürt.“

Die Mitglieder treffen sich allwöchentlich zu Versammlungen – diese sind für jedes Mitglied Pflicht. „Bei diesen Zusammenkünften wird einem das Paradies als Lohn versprochen. Es gibt nur Gebote und Verbote und alles wird von oberster Liga abgesegnet“, schildert Laimer.

Eigentlich aber gehe es um etwas anderes: Bei den Treffen wird gelehrt, wie man Broschüren an den Mann bringt. „Es gibt permanente Schulungen, es wird instruiert, wann und wie oft man nach dem ersten Hausbesuch wiederkommen soll“, so Laimer.

Die Broschüren zur Mitgliederakquirierung müssen von den Zeugen Jehovas selbst finanziert werden. „Es wird Buch geführt, wer wie viele Broschüren erworben hat. Auch die Arbeitsstunden für die Gemeinschaft werden detailliert aufgelistet. Ist den Oberen die Leistung zu gering, wird den Gläubigen ein schlechtes Gewissen eingeredet. Es entsteht ein Konkurrenzkampf unter den Mitgliedern.“

Die Religion funktioniere nach einem patriarchalischen System: Die Männer können sich vom Studierenden zum Gehilfen bis zur Führungskraft vorarbeiten und dann noch weiter auf der Karriereleiter hochklettern. Frauen hingegen sind den Männern untergeordnet, sie haben nur Vorgaben einzuhalten: „Äußere Erscheinung, Verhalten und sogar die Gedanken werden vorgegeben. Als Frau ist man nichts, man hat nur die Aufgabe, neue Mitglieder zu gewinnen.“

Weltweit besitzt die Organisation eine Vielzahl von Immobilien, Bauwerken und Versammlungsräumen, Baukomitees aus Anhängern der Religionsgemeinschaft arbeiten kostenlos. „Alle Spendengelder für Immobilien gehen an die Organisation“, sagt Laimer, „uns gehört nichts, wir dürfen die Gebäude nur nutzen. Jeder Einzelne wird zum Spenden genötigt, es wird Buch geführt. Es ist eine Manipulationsmaschinerie, die sogar die Kinder dazu bewegt, ihr Taschengeld abzugeben.“

Im Jahresbuch werden nicht nur Spenden sondern auch die Arbeitsstunden jedes Einzelnen festgehalten und veröffentlicht. „Viele arbeiten nur mehr Teilzeit, um ihre Zeit der Gemeinschaft zur Verfügung stellen zu können. Für diese Stunden wird man nicht entlohnt, auch ist man nicht versichert, mit den entsprechenden Folgen im Alter. Alles wird im Namen Gottes gerechtfertigt“, erzählt Laimer.

Diese Unterdrückung hat die Familie Laimer jahrelang im guten Glauben toleriert: „Nach Jahren bei den Zeugen Jehovas hat man nur mehr dort Freunde. Von Andersgläubigen isoliert man sich immer mehr.“

Ihre beiden Töchter haben sich im Jugendalter von dieser Gemeinschaft distanziert. „Ich ließ ihnen immer ihre freie Entscheidung“, sagt die Mutter heute, „sie wollten von dieser Religion nichts wissen. Für mich war das nicht schlimm. Ich und mein Mann wurden jedoch als schlechte Eltern abgestempelt“.

Auch nach dem Ausschluss aus der Gemeinschaft hoffte Familie Laimer auf das Verständnis der anderen Mitglieder. „Wir wollten unsere Freunde aufklären, was da alles abläuft“, erzählt die 52-Jährige, „Aber ihnen wurde verboten, mit uns zu reden, sie durften uns nicht mal mehr grüßen. Das letzte Mal drohte man uns sogar an, die Polizei zu holen und uns rauschmeißen zu lassen“, ist Laimer enttäuscht.

Erst dadurch entfernte sich das Ehepaar von der Religionsgruppe. „Anfangs taten wir uns schwer. Wir hatten abseits dieser Gesellschaft keine Freunde mehr, wir fühlten uns isoliert. Aber heute bin ich froh und frei: Ohne Angst und Druck kann ich mein Leben genießen.“

Das Ehepaar will nun auch anderen die Augen öffnen. „Wir können nicht mehr still sein. Wir wollen, dass alle wissen, wie das System funktioniert“, sagt Laimer. Sie ist nicht die einzige: „Im Internet sind haufenweise Erfahrungsberichte mit den Zeugen Jehovas zu lesen. Alle waren zuerst geblendet von der vorgegaukelten heilen Welt – bis sie erwachten“.

Quelle: tageszeitung.it

Aussteiger berichtet: „Es war, als gäbe ich mein Hirn ab“

Die renommierte Schweizer Zeitschrift “ Beobachter“ blickt unvoreingenommen hinter die Fassade der Zeugen Jehovas und lässt einen Aussteiger zu Wort kommen. Interessant ist die Aussage der Pressestelle in Selters. Mir kommt es vor, als wisse die linke Hand nicht was die Rechte gerade so tut. Ist es wirklich so schwer, Aussagen der aktuellen Literatur geistig präsent zu haben? Wie ist es zu erklären, dass die Pressestelle folgendes übersehen hat?

Auszug aus dem Buch „Bewahrt euch in Gottes Liebe“ Seite 207 Veröffentlicht 2008: „Wer Jehova treu sein möchte, sucht nicht nach Vorwänden für Kontakte mit einem ausgeschlossenen Verwandten, der eine eigene Wohnung hat. Aus Herzenstreue gegenüber Jehova und seiner Organisation wird er die biblische Regelung des Gemeinschaftsentzugs nicht unterlaufen.

Über 20 Jahre lang war Rino Zumerle bei den Zeugen Jehovas. Schliesslich stieg er aus – und verlor Frau und Freunde.

Wer sind die Zeugen Jehovas?

Rino Zumerle schlägt ein Restaurant für das Gespräch vor, zu Hause sei nicht aufgeräumt. Wir gehen dann doch in seine Dreizimmerwohnung – sie ist alles andere als unordentlich. Der 63-Jährige lebt allein in Biel. Pflanzen machen das Wohnzimmer gemütlich, eine Buddhafigur sitzt vor dem Fenster, die Wohnwand mit Büchern zeugt von Belesenheit.

Zumerle spricht überlegt, leise. Er fuchtelt nicht mit den Händen, seine Augen suchen stets den Kontakt zum Gesprächspartner. Man könnte versucht sein, ihn einem sozialen Beruf zuzuordnen. Ganz falsch: Zumerle ist seit 1978 IT-Angestellter.

Und der Buddha? «Er strahlt Gelassenheit aus. Aber ich bin Atheist», sagt er bestimmt. «Es gibt kein Leben nach dem Tod. Aber es gibt ein Leben davor, und was wir daraus machen, liegt an uns.» Eine klare Antwort auf eine grosse Frage. Das ist Rino Zumerle: Er sucht Antworten auf solche Fragen. Er interessiert sich für Übersinnliches, für Philosophie. Heute diskutiert er solche Themen im Vorstand des Café Philo Solothurn. Der Verein veranstaltet Diskussionen mit Denkern, dabei philosophiert der Vorstand auch selbst. Zumerle liebt das.

Eine Agenda voller «Zeugen»-Termine

Vor 30 Jahren fand er bei den Zeugen Jehovas Antworten auf seine Fragen. Seine Schwägerin war von zwei «Zeugen» angesprochen worden. Sie erzählte ihrer Schwester davon, die beiden trafen sich mit «Zeugen» zu Bibelgesprächen. «Meine Frau war damals mehr an Gott interessiert als ich», sagt Zumerle. Sie war protestantisch, er katholisch, beide gingen selten in die Kirche. Mit 24 heirateten sie kirchlich, ein Jahr später kam die erste Tochter zur Welt, zwei Jahre darauf die zweite. Zehn Jahre später folgte ein Sohn.

Für die Kinder hatten die «Zeugen» eine bebilderte Bibel dabei, das gefiel den Zumerles. Erst wollte Zumerle seine Frau vom Beitritt abhalten. Doch je mehr er sich mit der Gruppierung beschäftigte, umso mehr überzeugte ihn deren Glauben: «Werte wie Zusammenhalt, Familie oder Gemeinschaft sind ihnen wichtig. Das gefiel mir. Und der Glaube an ein Leben nach dem Tod.»

Aufgewachsen ist Zumerle in Grenchen. Er machte eine Lehre als Maschinenzeichner und bildete sich im Abendstudium zum Maschinenbauingenieur weiter. Schon während des Studiums interessierte er sich für Informatik und fand eine Stelle in der IT-Abteilung eines Uhrenherstellers. Bald bauten die Zumerles ein Haus in der Region. Sein liebstes Hobby war Schach. Als Teenie hatte er es bei den Solothurner Meisterschaften in die vorderen Ränge geschafft.

Schach lag nicht mehr drin, nachdem man den «Zeugen» beigetreten war. Am Dienstag traf man sich privat mit drei, vier Familien zum Bibelstudium. Am Donnerstag versammelte man sich, um Internes aus der Welt der «Zeugen» zu erfahren oder im Missionieren geschult zu werden. Und am Wochenende gab es Treffen für die Öffentlichkeit mit einem Vortrag zu einer Bibelstelle und Betrachtungen zu Artikeln aus der Zeitschrift «Wachtturm». Zudem gings auf Mission von Tür zu Tür. «Die wenigsten tun das gern. Man läuft Gefahr, auf Bekannte zu stossen oder angefeindet zu werden», erzählt Zumerle. Die Kinder waren bei all diesen Aktivitäten immer dabei. Rückblickend sagt er: «Wir steckten in einem Hamsterrad, merkten es aber nicht.»

Die Töchter treten als Erste aus

Nicht nur das Schachspielen hatte er aufgegeben. Alte Freunde waren nicht mehr wichtig, selbst seine Eltern und Geschwister traf Zumerle kaum mehr. Sein Leben spielte sich unter Zeugen Jehovas ab. Bald galt er als Vorbild, man wählte ihn zum Dienstamtgehilfen, dann zum Ältesten. Die «Zeugen» sind hierarchisch strukturiert. Mehrere Älteste leiten eine Versammlung. «Zum Ältesten wird, wer eine intakte Familie hat und als vernünftig, gerecht und eifrig angesehen wird», sagt Zumerle. Als Ältester vermittelte er den Glauben, lehrte, wie man missioniert, und half bei Problemen.

Anfang des Jahrtausends brauchte Zumerle selber Hilfe. Er war in eine Midlife-Crisis geraten und fragte sich: «Was habe ich im Leben erreicht?» Als Zeuge Jehovas verzichtete er auf vieles. Er begann, auch ausserhalb der «Zeugen» nach Antworten zu suchen. 2003 folgte die nächste Krise: Die jüngere Tochter verliess die «Zeugen». «Sie hat lange mit sich gerungen, uns aber nichts davon erzählt.» Zumerle hintersann sich: «Was bin ich für ein Vater, dass mir meine Tochter nichts von ihren Sorgen erzählt?»

Zurückhalten wollte er sie nicht. Kurz darauf trat auch die ältere Tochter aus. Sie hatte mit 18 geheiratet, früh ein Kind geboren, aber die Ehe hielt nicht. Mit der Beziehung starb ihr Glaube. Sie haderte etwa mit dem Gedanken, wie es möglich sei, dass Eltern Gott mehr lieben als ihre Kinder. Das schmerzte. Zumerle sah sich im Dilemma: Zeugen Jehovas sollten den Kontakt zu Ausgetretenen – auch zu engsten Familienmitgliedern – aufs Minimum beschränken. Dazu war er nicht bereit: «Ich sagte zu meinen Töchtern: ‹Ich werde euch nie verstossen.›» Rino Zumerle: «Die meisten Zeugen sind sich nicht bewusst, wie tief sie die Psyche derer verletzen, die sie isolieren.»

Sein Weltbild beginnt zu wanken

Zumerle sah sich nicht mehr in der Lage, der Gemeinschaft als Ältester zu dienen, und gab das Amt ab. Er brauchte Erklärungen für das Verhalten seiner Töchter. Über diese Zeit sagt er: «Erst verharrte ich wie betäubt in einer Starre, war ohne Lebensfreude. Dann wollte ich mich rechtfertigen und forschte in der Literatur der Zeugen Jehovas. Ich begann, die Dinge von verschiedenen Seiten zu betrachten. Mein Weltbild wankte.»

Bei seinen Nachforschungen stiess er auf Widersprüche in den Schriften. Ein Beispiel: Wie alle «Zeugen» glaubte Zumerle an die Auferstehung, daran, dass er zu den Auserwählten gehören würde, die den nahenden Weltuntergang überleben. Seine Kinder waren 2003 ausgetreten. Er fragte sich: «Wenn der Untergang 2002 stattgefunden hätte, wären meine Kinder gerettet. Fände er aber erst 2004 statt, sind sie dann verloren?» «Wir steckten in einem Hamsterrad, merkten es aber nicht.»

Rino Zumerle, ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas

Er begann, sich vermehrt für das «weltliche» Leben zu interessieren, nahm seltener an den Versammlungen teil, schwänzte den Missionsdienst. Stattdessen erklomm er mit dem Mountainbike die Berge des Jura und lernte, Billard zu spielen. Doch es dauerte bis 2010, ehe er seinen langen Austrittsbrief schrieb. Darin hinterfragte er etwa die Haltung der Wachtturm-Gesellschaft zu Organtransplantationen. Einmal hiess es, solche Eingriffe seien für Zeugen Jehovas verboten, dann wieder waren sie zugelassen. Für Zumerle ging das nicht auf: «Es kann doch nicht sein, dass acht Millionen Menschen von einem Tag auf den anderen plötzlich ihren biblisch fundierten Glauben um 180 Grad ändern. Es war, als gäbe ich mein Hirn an der Tür zum Versammlungslokal ab.»

Ein Grund für Zumerles Zaudern war die Angst, verstossen zu werden: Strenggläubige «Zeugen» ignorieren Abtrünnige. Würden ihn die Grenchner «Zeugen», mit denen er 20 Jahre lang das Leben geteilt hatte, wirklich verstossen? Er hatte kaum mehr andere Freunde.

Vor allem beschäftigte Zumerle die Frage: Wie würde seine Frau reagieren? «Wir hatten es immer gut, es gab kaum heftigen Streit. Wir wollten zusammen alt werden.» Das änderte sich mit seinem Zweifeln. Die beiden stritten jetzt viel: «Ich war oft sehr impulsiv», sagt Zumerle. Wer den besonnenen Mann vor sich sieht, kann das kaum glauben. Seine Frau war für seine kritischen Gedanken nicht zugänglich. «Es gab keine vernünftigen Gespräche mehr – auch ich selber war nicht mehr kritikfähig.»

Heute geniesst er seine Freiheit

Seinen Austrittsbrief schloss Zumerle so: «Ich werde die Zeugen Jehovas als Menschen weiterhin respektieren. Dasselbe erbitte ich von euch.» Es half nichts. Er wurde gemieden. Einige Wochen später war ihm klar, dass er unmöglich weiter mit seiner Frau zusammenbleiben konnte. «Ich sagte ihr: ‹Wenn ich sehe, wie diese Leute mit dir geselligen Umgang pflegen, während sie mich nicht einmal grüssen, ist das für mich unerträglich.›»

Die Zumerles trennten sich. «Meine Frau war betroffen, fand aber, die Zeugen Jehovas seien ein Teil ihres Lebens, den sie nicht aufgeben wolle. Auch nicht mir zuliebe.» Zumerle zog aus, später verkauften die beiden ihr Haus und liessen sich scheiden. Dann entfremdete sich auch der Sohn von den Zeugen Jehovas und trat aus. Das war vor etwa fünf Jahren. Seither sieht Zumerle seine Frau kaum noch. Nach einer langen Krisenzeit geniesst er seine neue Freiheit, pflegt neue Freundschaften und holt vieles nach. Er reist, fliegt Gleitschirm, malt, formt Steinskulpturen. Und er spielt sogar wieder Schach.

Und warum erzählt er das alles öffentlich? «Mir geht es um Aufklärung. Ich finde es persönlich beleidigend, wie menschenverachtend und -unwürdig diese Gruppierung mit mir und anderen Andersdenkenden umgeht und uns sozial isoliert. Und das aus Liebe, wie sie sagt.»

Quelle: beobachter.ch

von |Februar 22nd, 2016|2016|0 Kommentare

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Wahrheiten jetzt! ist dankbar dafür, dass die Wachtturm-Gesellschaft der Website so viel Aufmerksamkeit gibt. Die Themen auf dieser Website müssen die Wachtturm-Gesellschaft so sehr stören, dass sie alles daran setzen den Betreiber in Gerichtsprozesse zu ziehen um ihm hohe Geldstrafen (bis zu 250.000€) oder ersatzweise 6 Monate Haft anzudrohen. Liebe leitende Körperschaft, D. H. Splane, A. Morris III., D. M. Sanderson, G. W. Jackson, M. S. Lett. S. F. Herd, G. Lösch und G. H. Pierce:

Die Wahrheit steht von alleine aufrecht, nur die Lüge braucht Gesetzesschutz!

Erwartet Gott und Jesus das von euch? Hätte Jesus so gehandelt? Ihr sagt von euch selbst das ihr vom "Geist geleitet" seid. Ihr sagt selbst das ihr geistgesalbte Christen seid. Ihr sagt selbst das die Bibel über allem steht. Warum macht ihr euch dann selbst, durch Gerichtsprozesse lächerlich? Warum versucht ihr erneut zu richten? Warum wollt ihr nicht in die Fußstapfen Jesu treten, der so mild gesinnt war?

"Nun hatte Simon Petrus ein Schwert und zog es und schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Und der Knecht hieß Malchus. Da sprach Jesus zu Petrus: Steck das Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir der Vater gegeben hat?" (Johannes 18:10, 11)

Da ihr euch offensichtlich auf dem Weg der Finsternis befindet, wünscht euch Wahrheiten jetzt! sehr baldig, Jesus anzuerkennen und ihm nachzufolgen, um dem Willen des Vaters zu tun!